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Epidemische Lage in Deutschland soll beendet werden

Die Infektionszahlen in Deutschland steigen immer weiter an, doch Gesundheitsminister Jens Spahn möchte die Epidemische Lage nicht verlängern. Aktuell hat die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland einen Wert von 130 erreicht. Zuletzt war der Wert am Anfang der dritten Corona-Welle Ende März 2021 so hoch gewesen. 

Was bedeutet das Ende der epidemischen Lage?

Die epidemische Lage von nationaler Tragweite wurde am 28. März 2020 in das Infektionsschutzgesetz (IfSG) eingetragen und gilt seitdem. Sie ist immer nur für drei Monate gültig und muss dann vom Bundestag verlängert werden. Zuletzt fand eine Verlängerung durch das Parlament Ende August 2021 statt. Sie ist bis zum 24. November 2021 gültig.

Doch was bedeutet der Eintrag ins Infektionsschutzgesetz? Die Bundes- und Landesregierungen sind damit befugt, Verordnungen zu Corona-Maßnahmen zu erlassen. Das betrifft zum Beispiel die Maskenpflicht, Abstandsregelungen, Kontaktbeschränkungen oder die Impfstoffbeschaffung. Mit der Beendigung der epidemischen Lage würde die rechtliche Grundlage für die oben genannten Maßnahmen entfallen.

Warum möchte der Gesundheitsminister die epidemische Lage beenden?

Angesichts der aktuellen Inzidenzwerte stellt sich die Frage, warum der Gesundheitsminister die epidemische Lage nicht verlängern lassen möchte. Im Gespräch mit dem ZDF erklärt Jens Spahn: “Der vom Bundestag festgestellte Ausnahmezustand kann aus meiner Sicht beendet werden, weil vier von fünf Erwachsenen geimpft sind.”

Trotzdem sei das Virus weiterhin für alle eine große Herausforderung und der Alltag werde immer noch mit Vorsichtsmaßnahmen verbunden sein, so der Gesundheitsminister. Spahn nennt die aktuelle Lage einen “Zustand besonderer Vorsicht”. Gerade im Herbst und Winter seien die Maßnahmen immer noch nötig, so könne auf die 3G-Regelung in Innenräumen, Maskenverpflichtungen und AHA-Regeln nicht verzichtet werden.

Die epidemische Lage zu beenden bedeute allerdings nicht, die Epidemie für beendet zu erklären, so Spahn. Corona ist immer noch höchst präsent.
Der Gesundheitsminister möchte, dass es den einzelnen Ländern und Behörden durch eine Rechtsänderung weiterhin möglich sei “losgelöst von diesem Ausnahmezustand” diverse Corona-Maßnahmen zu fordern und auszuführen.

Zuspruch für die Weiterführung der Maßnahmen erhielt Spahn von dem Immunologen Carsten Watzl: “Wir werden diesen Winter noch viele Corona-Schutzmaßnahmen brauchen, die Infektionszahlen werden weiter nach oben gehen und leider wird auch die Intensivstationsbelastung weiter nach oben gehen.”

Auch Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, stimmt Spahn zu, da die Entscheidung “letztlich folgerichtig” sei und nicht das sofortige Ender der Corona-Maßnahmen bedeute. Er geht davon aus, dass aufgrund verschiedener regionaler Faktoren – zum Beispiel die Impfquote, Infektionszahlen oder Krankenhausbelegungen – auch regional unterschiedlich gehandelt wird, bis man irgendwann so weit sei “die notwendigen Schutz- und Abwehrmaßnahmen in die Hände der Bürger zu legen”.

Ampel Parteien möchten Übergangsregelung bis 22. März 2022

In einem Schreiben von dem Gesundheitsminister an die Partei- und Fraktionschefs der Ampel Parteien gibt es laut Spahn zwei Optionen, um die Regelungen länderweit durchzusetzen: Die erste Möglichkeit führt über eine Änderung im Infektionsschutzgesetz, sodass die Schutzmaßnahmen nicht mehr an die epidemische Lage nationaler Tragweite geknüpft wären. Die Zweite Option ist die Regelung durch die Landesparlamente der einzelnen Länder.

SPD, Grüne und FDP sind der gleichen Überzeugung wie Spahn und möchten die epidemische Lage zum 25. November 2021 auslaufen lassen. Bis 22. März 2022 soll eine Übergangsregelung gelten. Laut Dirk Wiese, dem stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden, möchten die Ampel Parteien bundeseinheitliche Rahmenbedingungen schaffen, da ihrer Meinung nach keine ernste Gefahr für die Gesamtbevölkerung und deren Gesundheit mehr bestehe.

Wiese hat gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt (Fraktionsvorsitzende der Grünen) und Marco Buschmann (parlamentarischer Geschäftsführer der FDP) ein Eckpunktepapier erstellt. In diesem soll festgelegt sein, dass die Bundesländer über die epidemische Lage nationaler Tragweite hinaus Maskenpflicht, Hygienekonzepte und Kontaktnachverfolgungen für Innenräume vorschreiben dürfen. Pauschale Schließungen soll es allerdings nicht geben.

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung, der einfacher gestaltete Zugang zur Grundsicherung sowie Kinderkrankengeld betreffende Sonderregelungen für die kurzfristige Kinderbetreuung zu Hause sollen weiterhin bestehen bleiben.

Der Bundestag ist dafür zuständig, den entsprechenden Beschluss zu treffen, damit die Änderung des betroffenen Paragrafen 28a im Infektionsschutzgesetz geändert werde.

Kritik zur Entscheidung

Doch die Idee der Beendigung der epidemischen Lage nationaler Tragweite trifft nicht nur auf Zuspruch. Die Befürchtung der Kritiker: dadurch, dass es keine bundeseinheitlichen Corona-Maßnahmen gibt, wird es zu einem “Flickenteppich” an zukünftigen Regelungen und Maßnahmen führen. Professor Heyo Kroemer von der Berliner Charité berichtet von Schwierigkeiten, “in den Krankenhäusern zu argumentieren, in Berlin bestimmte Maßnahmen einzuhalten, wenn wenige Kilometer weiter in Brandenburg anders verfahren werden würde.“

Auch die Ministerpräsidenten der Länder forderten am 22. Oktober 2021 den Bund dazu auf, einheitliche Regeln und Corona-Maßnahmen zu schaffen. Der Bundestag müsste diese bis zum 25. November durchsetzen.

Zwar geht das Robert-Koch-Institut davon aus, dass mit der aktuellen Impfquote und dem weiteren Einhalten der Corona-Maßnahmen eine Überlastung des Gesundheitswesens vermieden werden kann, dennoch warnt zum Beispiel der Intensivmediziner Christian Karagiannidis, dass das Beenden der epidemischen Lage mehr Infektionen und damit eine höhere Belastung der Intensivstationen zur Folge haben könnte. Ihm zufolge dauert der Aufenthalt der Corona-Patient:innen auf den Intensivstationen länger, zudem fehle Pflegepersonal.

Wann wird es wieder einen Normalzustand geben?

Experten rechnen damit, dass die Infektionszahlen und Krankenhauseinweisungen im November deutlich steigen werden. Die vierte Welle kommt also. Die aktuelle Impfquote der vollständig Geimpften von 66,36 Prozent bedeutet im Umkehrschluss auch, dass ungefähr ein Drittel der Deutschen nicht geimpft ist. Würden die Corona-Maßnahmen aufgehoben werden, wären diese Personen wieder einem höheren Risiko ausgesetzt, an Covid-19 zu erkranken.

Um wieder zum Normalzustand zu gelangen, ist eine möglichst hohe Impfquote wichtig. Der Gesundheitsminister rief die über 60-Jährigen zur Auffrischungsimpfung auf und empfahl die regelmäßige Testung sowie die weitere Einhaltung der Schutzmaßnahmen in Schulen und Pflegeeinrichtungen. Spahn sehe den Normalzustand frühestens im Frühjahr 2022.

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