3G, 2G, Testen trotz Impfung – welches Konzept macht am meisten Sinn?
Immer noch sind 37,7 Prozent der deutschen Bevölkerung nicht beziehungsweise nicht vollständig geimpft. Schon seit August dieses Jahres gilt bundesweit die 3G-Regel, eine Verschärfung Richtung 2G-Regel zeichnet sich ab. Doch wie sicher sind geimpfte Personen und ist eine Testung vor Veranstaltungen trotzdem sinnvoll?
Seit Ende August gilt verpflichtend, dass man in Innenräumen, die öffentlich zugänglich sind, geimpft, genesen oder getestet sein muss, wenn die 7-Tage-Inzidenz über einem Wert von 35 liegt. Diese Regelung wird oft als 3G-Regelung abgekürzt. Betroffen sind zum Beispiel Restaurants, Kinos, Schwimmbäder, Fitnessstudios Friseursalons oder Hotels. Aber auch Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen verlangen einen Nachweis über eine Impfung, Genesung oder Testung.
Ausnahmen gelten sowohl für Kleinkinder als auch für Schüler:innen, die in der Schule regelmäßig getestet werden.
2G-Regel im Gespräch
Hessens Ministerpräsident Bouffier (CDU) kündigte an, dass darüber hinaus optional ein 2G-Modell für Gastronomen, Veranstalter und Friseure in Hessen eingeführt werden soll. Die Anbieter müssen die 2G-Regel nicht umsetzen, dürfen es aber. Wenn sie es tun und nur noch geimpften und genesenen Personen Zugang zu ihren Räumlichkeiten gewähren, können Auflagen wie Abstandsregeln, Belegungsgrenzen oder etwa zum Teil auch die Maskenpflicht entfallen.
Kritisiert wird die Regelung von der hessischen Wirtschaft. Der Geschäftsführer des Hessischen Industrie- und Handelskammertags (HIHK), Robert Lippmann, hinterfragt, warum kürzlich negativ getestete Personen nicht mit Geimpften und Genesenen auf einer Stufe stehen. Er betont, dass die wenigsten Unternehmen “Kunden ausschließen [möchten], die nachweislich gesund oder aus unterschiedlichsten Gründen ungeimpft sind.” René Hain, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes des Friseurhandwerks Hessen kritisiert, dass die Politik die Verantwortung auf die Wirtschaft abwälze.
Doch dieser Ansatz ist längst kein Alleingang Hessens mehr. In Hamburg gelten die Regeln längst und auch Länder wie Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Berlin haben die 2G-Regelung nun beschlossen.
Macht eine Testpflicht für Geimpfte Sinn?
Die Impfung schützt zwar in den meisten Fällen vor schweren Verläufen mit Krankenhausaufenthalten oder Todesfällen aufgrund einer Corona-Erkrankung. Aber auch Personen, die geimpft oder genesen sind, können sich mit dem Coronavirus infizieren und es an andere weitergeben. Eine Infektion trotz vollständigem Impfschutz nennt man einen Impfdurchbruch. Gerade in Bezug auf die ansteckendere Delta-Variante und einem mit der Zeit nachlassenden Impfschutz steigt die Wahrscheinlichkeit hierfür. Werden vor Veranstaltungen von Geimpften und Genesenen auch zusätzliche negative Corona-Tests verlangt, hat dies also durchaus eine Berechtigung. Auch vor einem Besuch in einer Pflegeeinrichtung oder einem Krankenhaus ist es sinnvoll, eine aktuelle Infektion mit einem Test auszuschließen, um andere nicht ungewollt zu infizieren.
Der Immunologe Carsten Watzl hält es zudem für angebracht, diesen Schritt zu gehen, wenn die Inzidenzwerte weiter massiv steigen. Watzl rechnet im Herbst mit Werten von bis zu 500 und warnt vor der Belastungsgrenze der Krankenhäuser. Falls diese erreicht wird, kann die 2G-Regel Sinn machen, so Watzl. Sollte das nicht reichen und bestimmte Grenzwerte überschritten werden, empfiehlt er, alle Geimpften und Genesenen zusätzlich zu testen, bevor sie beispielsweise bei Großveranstaltungen in Innenräumen teilnehmen. Genauer benennt Watzl diese Grenzwerte allerdings nicht. Man würde dann von 2G+G sprechen. Nur so könne man Infektionsketten durchbrechen.
Davon unabhängig empfiehlt das RKI schon jetzt, sich bei Symptomen testen zu lassen.
Wo gilt 2G+G schon?
Ausländische Studierende zum Beispiel brauchen trotz Impfung einen Test, wenn sie einen Impfstoff erhalten haben, der in der EU nicht zugelassen ist. Die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen wäre dann nur möglich, wenn sie einen negativen Corona-Test vorweisen, so ein Sprecher des Thüringer Wissenschaftsministeriums im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Auch für Reiserückkehrer ab zwölf Jahren gilt bei der Einreise nach Deutschland aus einem Virusvariantengebiet eine Testpflicht trotz Impf- oder Genesenennachweis.
Bei der Ausreise aus Deutschland sind laut ADAC die jeweiligen Bestimmungen des Reiseziels zu beachten. Oftmals ist ein negativer Test Voraussetzung für eine Einreise, so zum Beispiel in Nepal oder Großbritannien.
Das Hotel “Obermühle Boutique Resort” im bayerischen Garmisch-Partenkirchen nutzt sein Hausrecht und gewährt ab Oktober laut eigener Aussage nur noch geimpften Personen uneingeschränkt Einlass. Personen unter 18 Jahren sind von der Impfpflicht ausgenommen. Genesene Gäste benötigen bei der Anreise einen negativen Antigen-Test. Schwangere, die sich bisher nicht impfen lassen konnten, einen negativen PCR-Test. Das Hotel argumentiert mit dem Schutz der Mitarbeiter und Gäste. Es bleibt abzuwarten, ob andere Hotels diese Regelung ebenfalls für sich umsetzen wollen.
Müssen wir uns fortan jedes Jahr impfen lassen?
Dem Virologen Christian Drosten zufolge muss das nicht unbedingt der Fall sein, zumindest nicht für Menschen, die keiner Risikogruppe angehören.
Impfungen immunisieren große Teile der Bevölkerung schneller – und ohne das Leid, das eine Krankheit verursachen würde. Ist der Großteil immunisiert, könnte die Pandemie in die sogenannte endemische Phase übergehen: Der Körper hat gelernt, mit dem Virus umzugehen. Menschen infizieren sich weiterhin, aber ihr Abwehrsystem kann den Krankheitserreger in den meisten Fällen selbst eindämmen und mit ihm leben.
Der Virologe sagt im NDR-Podcast: “Dieses Springen über die Schwelle in die Endemizität, das hält die Vakzine auch nicht für immer für die Gesamtbevölkerung bereit. Sondern der Impfschutz wird ja auch wieder ein bisschen schlechter werden nach einer Zeit. Und natürlich kann man sagen: Gut, da muss man wieder nachimpfen. Aber eigentlich ist es nicht das Ziel für alle Zeiten, immer impfen zu müssen.”