Corona-Impfung für Kleinkinder
Im lateinamerikanischen Staat Kuba werden seit dem 06.09.2021 auch Kinder im Alter von Zwei bis Elf Jahren geimpft. Kuba ist damit das erste Land weltweit, das Impfungen gegen Covid-19 an dieser Altersgruppe durchführt.
Dieser Vorstoß sorgt nicht nur für weltweites Aufsehen, sondern heizt auch in Deutschland die Diskussion an, wie mit dem Impfschutz für Minderjährige künftig verfahren werden soll.
Die aktuelle Situation in Kuba
Das sozialistische Land hat derzeit sehr stark mit den Auswirkungen der Delta-Variante zu kämpfen. Das Gesundheitssystem gelangt dadurch an die Grenze seiner Belastung. Im Zuge der Pandemie starben ca. 5300 Menschen an einer Covid-19 Infektion – allein im August wurde fast die Hälfte dieser Todesfälle registriert.
Das Ärzteblatt schreibt, dass es sich bei ca. 673.000 nachgewiesenen Infektionen um rund 95.000 infizierte Kinder handelt.
Aufgrund der Pandemie war seit März 2020 eine überwiegende Schulschließung nötig. Zum neuen Schuljahr Anfang September findet der Unterricht zunächst vor dem Fernseher statt, da nur wenige Einwohner des kommunistisch regierten Staates einen Zugang zu Internet haben. Die Impfkampagne für (Klein)kinder soll nun helfen, eine Schulöffnung ab Oktober zu ermöglichen.
Zudem will das Land bis Mitte November 90 Prozent seiner Bevölkerung geimpft haben, sodass die Grenzen wieder peu à peu geöffnet werden können. Der Tourismus ist ein wichtiger Bestandteil der kubanischen Wirtschaft.
Welche Impfstoffe kommen in Kuba für die Impfung von Kindern zum Einsatz?
Bei der Impfung in Kuba kommen allerdings andere Vakzine als bei uns zum Einsatz. Die Zwei- bis Elfjährigen erhalten Impfstoffe, die in Kuba selbst entwickelt wurden. Die beiden Vakzine heißen Abdala und Soberana und gehören beide zur Art der proteinbasierten Impfstoffe.
Doch was genau sind proteinbasierte Impfstoffe? Sie gehören laut Fachkreisen zu einer Untergruppe von Totimpfstoffen (Verlinkung Artikel) und enthalten bestimmte Virusproteine, auf die der Körper dann reagiert. Ein anderer Impfstoff dieser Klasse ist zum Beispiel Novavax aus den USA, bei dem bereits fertige Spike-Proteine verimpft werden. Der Körper muss – anders als bei mRNA- oder Vektor-Impfstoffen die Proteine nicht selbst nach einem Bauplan herstellen.
Der Impfstoff Abdala wurde in Kuba im Juli dieses Jahres zugelassen, das Vakzin Soberana 2 im August. Offiziellen Angaben zufolge liege die Wirksamkeit beider Impfstoffe bei über 90 Prozent, dafür müssen insgesamt drei Dosen verabreicht werden. Wer sich mit Soberana 2 impfen lässt, erhält die dritte Schutzimpfung mit dem Impfstoff Soberana Plus. Das Immunsystem soll dadurch eine erhöhte Reaktion haben, da das typische Virusprotein bei Soberana Plus mit einem Bestandteil der Tetanusimpfung zusammengefügt ist.
Eine unabhängige Überprüfung der Studienergebnisse dieser Vakzine fand allerdings noch nicht statt. Entsprechend ist die Datenlage für die Vakzine noch nicht ausreichend, um von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt zu werden. So fehlen zum Beispiel Daten und Informationen zur Sicherheit und möglichen Risiken bei Verwendung der Impfstoffe bei Kindern und Jugendlichen.
Auch diverse andere Länder, darunter China, Venezuela oder die Vereinigten Arabischen Emirate, kündigten eine baldige Impfung von Kleinkindern an. Chile verwendet seit dem 06.09.2021 den chinesischen Impfstoff Sinovac für die Impfung bei Kindern ab sechs Jahren. Der Impfstoff bekam dafür eine Notfallzulassung.
Wird es auch in Deutschland einen Impfstoff für Kleinkinder geben?
Das ist wichtig für Kinder und Eltern: Die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland empfiehlt seit einigen Wochen eine Corona-Impfung für alle 12- bis 17-Jährigen. Sie soll mit den mRNA-Impfstoffen Spikevax von Moderna oder Comirnaty von BioNTech/Pfizer erfolgen. Die Vorteile der Corona-Impfung gegenüber dem Risiko seltener Nebenwirkungen der Impfung überwiegen, so die STIKO.
Ob dies auf Kinder zwischen fünf und elf Jahren ausgeweitet werden soll, lässt der deutsche Impfstoff-Hersteller BioNTech/Pfizer aktuell überprüfen. Auch Moderna führt Studien mit Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahren durch. Im Oktober könnten bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) die Anträge auf Zulassung eingehen. Es wird jedoch keine speziellen Impfstoffe für Kinder und Jugendliche geben, sondern die Wirkstoffe so dosiert, dass sie an die Immunsysteme der Altersgruppen angepasst werden.
Ist es sinnvoll, Kinder gegen Corona zu Impfen?
Laut Studien aus den USA seien bei einigen Jungen nach der zweiten mRNA-Impfung seltene Fälle einer Myokarditis-Erkrankung aufgetreten. Die Symptome der Entzündung des Herzmuskels können mit Brustschmerzen, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen und/oder Herzversagen einhergehen. Wichtig ist die frühe Erkennung, so kann die Erkrankung gut behandelt werden. Der Kardiologe und Pharmakologe Thomas Meinertz der Deutschen Presseagentur betont die wenigen Hundert Fälle und die oftmals milden Verläufe bei über fünf Millionen Geimpften.
Auf der anderen Seite ist die Anzahl der Kinder, die sich mit Corona infizieren, allerdings sehr hoch. Die ansteckende Delta-Variante und der Beginn des neuen Schuljahres tragen dazu bei. Der Virologe Rolf Kaiser des Universitätsklinikums Köln äußert sich:
Gefährlich wird das Virus vor allem bei Kindern mit Vorerkrankungen, denn diese können in Kombination schwere Verläufe auslösen oder sogar zum Tod führen. Dies können Erkrankungen wie chronische Nierenprobleme, ein eingeschränktes Immunsystem oder Adipositas sein.
Auch die psychosozialen Folgen der Pandemie dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Im Deutschlandfunk erklärt der Kinderarzt Jacob Maske, dass die Covid-Erkrankung weniger Schäden in dieser Altersgruppe auslöst, als die Maßnahmen zum Lockdown.
Obwohl der Großteil der Kinder und Jugendlichen nur milde oder gar keine Symptome bei einer Corona-Erkrankung hat, legen Studien doch nahe, dass einige Kinder an den Spätfolgen leiden. Laut einer italienischen Studie litten bis zu einem Drittel der Kinder nach einer Infektion mit dem Virus unter Long Covid-Symptomen. Eine Studie des britischen Office of National Statistics hingegen gibt eine Long Covid-Häufigkeit von 10 bis 13 Prozent an. Der Immunologe Joachim Schultze empfiehlt eine Impfung bei Kindern als “bessere Lösung”, weil so ausgeschlossen werden kann, dass Kinder erkrankungsbedingte Folgeschäden erleiden.